Vorstellungsrunde in Form eines Paarinterviews

Zu Beginn eines Seminars mit neuen Teilnehmern haben Sie als Trainer zwei Möglichkeiten:

Entweder stellen Sie die Ziele und den Ablaufplan des Seminars vor und geben ihnen dadurch inhaltliche Orientierung. Oder Sie ermöglichen es ihnen zunächst, sich untereinander kennenzulernen, wodurch Sie ihnen Orientierung und Sicherheit auf der Beziehungsebene der Kommunikation ermöglichen. Beide Wege sind in Ordnung. Da jedoch eine positive Beziehungsebene die Basis für eine erfolgreiche inhaltliche Zusammenarbeit ist, bevorzuge ich es, den Teilnehmern bereits zu diesem Zeitpunkt Gelegenheit zu geben, sich miteinander bekannt zu machen. 

Die einfachste Möglichkeit zum Kennenlernen ist die Vorstellungsrunde im großen Kreis. Dieses Vorgehen ist für manche Teilnehmer jedoch wie ein „Kaltstart“. Einfacher und angenehmer ist es für die meisten Menschen, sich zunächst einer oder zwei Personen vorzustellen. Da es im Seminar zunächst um Zweier-Situationen geht, entscheide ich mich gerne für das Paarinterview.

Hier können die Teilnehmer nebenbei eine zentrale Kommunikations-Kompetenz, das aufmerksame und aktive Zuhören üben.

Die Klärung ihrer Anrede ist in dieser Phase wichtig, damit keine unnötigen Irritationen entstehen. Diese sollte von Ihnen als Trainer angestoßen werden. Ich überlege mir immer bereits vor Seminarbeginn, welche Anrede ich bevorzuge. Die Entscheidung mache ich von der jeweiligen Zielgruppe und von der Rolle abhängig, mit der ich Ihnen begegne. Bin ich etwa als externer Trainer tätig und habe es mit einer Zielgruppe zu tun, in der eher eine „Du-Kultur“ herrscht, so lasse ich mich ebenfalls gerne auf das „Du“ ein. Wenn ich jedoch davon ausgehe, dass ich ihnen später noch in einer anderen Rolle, etwa als Beobachter in einem Training-on-the-Job, begegne, dann bleibe ich beim „Sie“.

Wie gehen Sie jetzt konkret vor? Als Trainer leite ich das Kennenlernen wie folgt an:

„Jetzt haben Sie mich ein wenig kennengelernt. Im nächsten Schritt geht es darum, dass Sie sich untereinander kennenlernen.“

Anschließend schreibe ich auf das Flip-Chart Paarinterview.

„Ihre Aufgabe ist nun die folgende: Interviewen Sie sich bitte zu zweit gegenseitig anhand der folgenden Leitfragen:

1. Wer bin ich – sagen Sie bitte in zwei, drei Sätzen, wer Sie sind, gerne auch mit Ihren Hobbys.

2. Was ich hier im Unternehmen mache – das heißt: In welcher Abteilung arbeiten Sie, wie sieht Ihre Tätigkeit aus, mit wem haben Sie es zu tun? Vielleicht auch: Was haben Sie vorher gemacht; wie ist Ihr beruflicher Werdegang?

3. Was wünsche ich mir – was für konkrete Wünsche und Erwartungen haben Sie? Sind die Fragen klar?“

Falls es keine Fragen gibt, fordere ich die Teilnehmer auf, sich einen Interviewpartner zu suchen. Bei einer ungeraden Anzahl an Seminarteilnehmern gibt es eine Dreier-Gruppe.

„Suchen Sie sich nun bitte eine Person aus, die nicht neben Ihnen sitzt und die Sie noch nicht (so gut) kennen.“

Ich stehe selbst auf und warte ab, bis sich alle Paare gefunden haben und unterstütze bei Bedarf, sodass sich die zunächst übrig gebliebenen Personen schneller finden. Dann füge ich hinzu:

„Es ist nicht notwendig, dass Sie sich Notizen machen. Es geht nicht darum, dass Sie nachher alles protokollgenau reproduzieren. Sondern es geht darum, dem anderen gut zuzuhören und das Wichtigste später wiederzugeben. Nehmen Sie sich insgesamt 6 Minuten Zeit, das heißt also drei Minuten pro Interview. Achten Sie bitte auf die Zeit.“ Falls es eine Dreier-Gruppe gibt: „Die Dreier-Gruppe erhält eine Bonus-Minute.“

Nach spätestens 10 Minuten bitte ich die Teilnehmer, wieder ins Plenum zu kommen. Danach leite ich die Vorstellungsrunde an:

„Stellen Sie nun bitte Ihren Interviewpartner vor. Wie gesagt, es ist nicht notwendig, das, was Ihnen Ihr Interviewpartner gesagt hat, vollständig wiederzugeben. Es reicht vollkommen, wenn Sie das erzählen, was Sie behalten haben. Wer fängt an?“

Während der Vorstellungsrunde höre ich aufmerksam zu und mache mir idealerweise Notizen. Falls ein wichtiger Punkt, etwa die Frage nach dem Wunsch ans Seminar, vergessen wird, frage ich nach, bis ich eine klare Antwort bekomme. Wenn ein Teilnehmer mit der Vorstellung seines Interviewpartners fertig ist, frage ich die Person, die vorgestellt wurde:

„Möchten Sie etwas ergänzen?“

Zwei Hinweise

1. Bei der Frage „Was wünsche ich mir?“ nennen die Teilnehmer meistens bereits erste Lernziele. Diese werden später konkretisiert.

2. Das Paarinterview hat den Vorteil, dass sie in der Zweier-Situation mehr von sich erzählen, als wenn sie sich vor der ganzen Gruppe vorstellen würden. Deshalb erfahren Sie und die Teilnehmer bei der anschließenden Vorstellungsrunde oft bereits relativ viel voneinander.

Meine Lieblings-Variante: „Vorstellen im Rollentausch“

Bei dieser, aus dem Psychodrama stammenden, Variante weise ich die Teilnehmer an, den Interview-Partner in der Ich-Form vorzustellen. Stellt also Frau Meier ihren Interviewpartner Herrn Müller vor, beginnt sie etwa mit den folgenden Worten:

„Ich bin Maximilian Müller und bin 35 Jahre alt …“

Die Teilnehmer werden dadurch angeleitet, in die Haut des anderen zu schlüpfen. Die Empathiefähigkeit wird in besonderem Maße geschult.

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